Bild fehlt
Bild fehlt
Vorwort
Auf dieser Seite geht’s zurück in die goldenen 80er – ins Jahr 1985, als ich endlich meinen allerersten echten Computer bekommen hatte: den legendären Commodore 64. Begleitet von quietschenden Datasetten, pixeligen Spielewundern und dem Zauberwürfel, der öfter an der Wand landete als gelöst wurde, begann für mich ein neues Kapitel. Ich war jung, die Grafik grob, aber das Abenteuer grenzenlos! Eine wirklich tolle Zeit! ;)
Bild fehlt
Ich mit meinem Commodore 64 und einem Lieblingsspiel "Impossible Mission"
1985 - Beginn meiner Homecomputer Ära!
Mein erstes C64-Setup war ein Meisterwerk jugendlicher Improvisation: der legendäre Brotkasten selbst, ein schwarzer Quickshot-Joystick mit roten Feuerknöpfen und Saugnäpfen (die nie so richtig hielten, aber trotzdem cool aussahen), ein kleiner Farbfernseher – geliehen von meinem Stiefvater – und natürlich die treue Datasette, die mit ihren fiepsenden Ladegeräuschen jedes Spiel zur Geduldsprobe machte. Mein Stiefvater war wenig begeistert, schließlich waren meine Schulnoten... sagen wir mal: ausbaufähig. Meine Mutter nahm das Ganze eher gelassen, während ich mein Kinderzimmer in eine pixelige Kommandozentrale verwandelte. Mit leuchtenden Augen und voller Hingabe kämpfte ich mich durch digitale Welten. Hausaufgaben? Klar – gleich nach dem nächsten Level.
Mein erstes Lieblingsspiel auf dem C64? Ganz klar: Boulder Dash! Stundenlang habe ich mich gemeinsam mit meinem besten Kumpel durch pixelige Höhlensysteme gebuddelt, immer auf der Jagd nach Edelsteinen, ständig in Gefahr, von einem Felsbrocken zerquetscht zu werden oder in der letzten Sekunde doch noch das rettende Ausgangstor zu erreichen. Die Datasette hat geschnurrt, der Joystick gequietscht – und wir waren vollkommen im Tunnel. Diese Sessions waren pure 80er-Magie: Snacks, Gelächter, und das Gefühl, als hätte man gerade die Welt erobert – ein Level nach dem anderen.
Die nötige Energie holten wir uns beim Dutte Louis – damals gab es dort noch ein Außenfenster für den integrierten Kiosk. Dort deckten wir uns mit Cola, Raider und Mars ein! Beste Versorgung für die nächste Runde im digitalen Abenteuer.
Bild fehlt
Bild fehlt
Boulder Dash I - Commodore 64 - © 1984 First Star Software
Neben Boulder Dash gab es noch eine ganze Reihe weiterer Spiele, die mich völlig in ihren Bann zogen – echte Schwergewichte der Pixelära. In Impossible Mission hetzte ich mit ‚Another visitor… stay a while… stay FOREVER!‘ im Ohr durch futuristische Labyrinthe, während mich Blue Max als tollkühner Doppeldeckerpilot über gefährliche Brücken und feindliche Stellungen hinwegfliegen ließ – stets auf einem wackeligen Joystick und mit schweißnassen Händen. Pole Position war der ultimative Adrenalinkick im Jugendzimmer, wenn der C64 zum Formel-1-Cockpit wurde, und bei Shamus Case II musste ich mich durch düstere Räume ballern – ohne jede Ahnung, was ich da eigentlich tat, aber mit maximaler Begeisterung. Jede dieser Spielstunden war ein kleines Abenteuer in der 8-Bit-Galaxie, wo Fantasie alles war, was man brauchte!
Cracker / Raukopierer & Nerdtreffen
Nur um’s gleich mal gesagt zu haben: Ja, früher haben wir so ziemlich alles kopiert, was nicht bei drei auf dem Kopierschutz war. Das gehörte damals irgendwie dazu – wie Cola, Joystick und Ladebildschirm. Aber Zeiten ändern sich: Heute kaufe ich meine Programme ganz legal und verzichte komplett auf Raubkopien. Kein Schulhof, kein Diskettentausch, kein nervöses Rattern aus der Ecke.
Und trotzdem: Diese wilde Zeit ist Teil meiner Geschichte. Deshalb gehört sie hierher – als Erinnerung an eine Ära voller Improvisation, Nerd-Magie und grenzenloser Abenteuerlust. Aber ich distanziere mich ganz klar von dem, was damals vielleicht cool war, heute aber einfach nicht mehr geht. Vergangenheit: ja. Vorbild: nein.
Raubkopien? Schulhof-Tausch? Na klar – genau so fing’s an. Mein Kumpel und ich kamen über ein paar wenige, mühsam ertauschte Disketten in der großen Pause erstmals an die begehrten Spieleperlen. Doch der eigentliche Jackpot kam, als wir im Kaufhaus Horten auf die sogenannte ‚Nerdfraktion‘ stießen. Jeden Samstag um 10 Uhr war dort Showtime: 20 bis 30 Gleichgesinnte mit Diskettenstapeln unterm Arm, die sich trafen, um zu kopieren, zu fachsimpeln und die neuesten Spiele zu testen. Für uns war das wie die Gamescom in Turnschuhen – nur ohne Eintritt, aber mit echten Helden der Szene.
Und genau dort – im Untergeschoss des Kaufhauses Horten zwischen Joysticks, Monitorflimmern und dem dezenten Duft von Elektrosmog – lernten wir Thomas kennen. Alias: ‚der Dicke‘. Für uns war er nicht weniger als der Gott der Diskette. Er hatte alles oder wusste, wo man es herbekam. Wie? Keine Ahnung. Internet? Fehlanzeige! Der Mann war ein wandelndes Software-Orakel – mit brauner Sporttasche statt Cloudspeicher.
Jeden Samstag gegen 10:30 Uhr erschien er wie ein Ritual in der Computerabteilung. Seine Tasche? Prall gefüllt mit 10er-Päckchen frisch kopierter Disketten – handverlesen, beschriftet, einsortiert. Wenn Thomas eintraf, leuchteten Nerd-Augen im ganzen Untergeschoss. Wenn er wieder ging, wurde hinter seinem Rücken getuschelt. So war das nun mal – Helden werden verehrt… und bequatscht.
Er war älter als wir, rundlich, mit riesiger Brille und eher Typ Dauer-Sweatshirt als Modeikone. Gepflegt? Eher nicht. Aber er war gut. Ein stiller Star der Szene, der nie im Rampenlicht stehen wollte, aber ohne den der Nerd-Samstag nicht funktioniert hätte. Manche munkelten, er erkaufe sich seine Freunde mit Raubkopien. Aber wenn man ehrlich ist: Er hatte, was alle wollten – und das reichte völlig aus.
Als die Nerdtreffen Ende 1985 so richtig Fahrt aufnahmen, war ich technisch gesehen noch auf dem Rücksitz unterwegs – mit meiner treuen, aber langsamen Datasette. Während um mich herum bereits fröhlich Disketten getauscht wurden und man mit doppelt so vielen Spielen in der halben Zeit nach Hause ging, hörte ich weiterhin das leise Pfeifen und Schnurren meines Bandlaufwerks. Doch ich hatte einen Plan: Ein ganzes Jahr lang trug ich Zeitungen aus, Woche für Woche, Wind und Wetter zum Trotz – nur für diesen einen Traum aus beige-braunem Plastik: die Floppy Disc 1541.
Bild fehlt
Commodore 64 II - Diskettenlaufwerk 1541 - 5¼ Disketten & Joystick (mehr brauchte es früher nicht)!
Im April 1986 war es dann endlich so weit – ich hielt das Ding in den Händen. Schwer, klobig, langsam… aber ein Quantensprung in Sachen Komfort und Coolness. Ab jetzt hieß es nur noch: Diskette rein, LOAD“$“,8 und los ging’s! Ich war endlich auf Augenhöhe mit den anderen – und der große Kopiermarathon konnte beginnen.
Das Beste? Auch die Verkäufer im Horten mischten fleißig mit. Die beiden Hauptverkäufer (die leider inzwischen verstorben sind) wollten natürlich ebenfalls immer auf dem Laufenden bleiben – also kopierten wir für sie die neuesten Spiele, und im Gegenzug schraubten sie uns zusätzliche Diskettenlaufwerke an die Vorführgeräte, damit wir schneller arbeiten konnten.
Von 10 bis 12 Uhr belagerten wir praktisch die komplette Computerabteilung – jedes Gerät war in unserer Hand. Kunden hielten uns für Verkäufer, und weil wir ohnehin alle Details über Speicher, Ladezeiten und Plotter wussten, berieten wir sie einfach mit – Service mit Leidenschaft. So wurden wir zu inoffiziellen Mitarbeitern mit Joystickkompetenz und Raubkopierauftrag. Die 80er eben – grau war da höchstens die Rechtslage.
Disketten waren damals echtes Luxusgut – ein BASF-10er-Pack kostete stolze 80 DM! Für uns unerschwinglich. Also griffen wir zu den günstigeren No-Name-Disketten im Allkauf: 9,99 DM für zehn Stück. Der Clou? Es waren einseitige Disketten, die wir kurzerhand selbst lochten, um auch die zweite Seite nutzen zu können. Zack – doppelte Speicherkapazität für denselben Preis! Etwa 170 KB pro Seite, das waren unsere kleinen digitalen Schatztruhen.
Und der Allkauf war nicht nur wegen der Preise eine Goldgrube: Dort arbeitete eine überaus hübsche Verkäuferin, auf die die halbe Nerdgemeinde heimlich schwärmte. Disketten kaufen mit Herzklopfen – das war unser Wochenend-Ritual.
Jede Diskette wurde sorgsam befüllt, Spiel für Spiel, Byte für Byte. Wir achteten penibel darauf, keinen einzigen Kilobyte zu verschwenden – Sparsamkeit war Ehrensache, schließlich war jede Disk ein kleines Vermögen wert. Durch das Lochen holten wir das Maximum raus: 2 × 170 KB – vollgepackt mit 8-Bit-Abenteuern.
Samstagnachmittage? Die waren fest vergeben – an meinen besten Kumpel und unseren ganz eigenen Programmier-Groove. Punkt 15 Uhr stand ich bei ihm auf der Matte, bewaffnet mit Diskettenstapel und der Mission, das vormittägliche Kopier-Chaos zu sortieren. Erst wurde katalogisiert, kopiert, beschriftet und nochmal kopiert.
Und wenn der letzte Bit endlich übertragen war, wurde gezockt – und zwar standesgemäß! Unsere Lieblingsspiele liefen im Takt von New Order, Jonzun Crew und Kraftwerk. Natürlich stilecht von der Schallplatte – kein MP3, kein Stream, nur echtes Vinyl-Knistern und analoger Bass. Eine wirklich tolle Zeit!
Draußen konnte die Welt untergehen, Hitzewelle oder Schneesturm – war uns völlig egal. Für uns zählte nur eins: Joystick in die Hand, Diskette ins Laufwerk und los ging’s. Rausgehen? Vielleicht kurz zum Kühlschrank.
Und abends? Da ging’s natürlich nahtlos weiter – ab etwa 19 Uhr saß ich wieder vor dem Bildschirm, bereit für die zweite Schicht. Die frisch kopierten Spiele vom Vormittag wurden auf Herz und Joystick getestet. Bis tief in die Nacht fielen dabei Highscores, als gäbe es kein Morgen. Und weil WhatsApp noch Science-Fiction war, wurde am nächsten Tag klassisch telefoniert: mit Wählscheibe, Festnetz und dem legendären Satz: ‚Ey, ich hab gestern wieder neue Rekorde gemacht!‘ Das war unser Social Media – mit Kabelsalat, Nebengeräuschen und echtem Adrenalin.
Richtig spannend wurde es, als ich über Umwege plötzlich an einen neuen Kontakt geriet – oder besser gesagt: an Pit. Pit war der Freund vom Schwager eines Kumpels (typischer 80er-Netzwerkaufbau), wohnte in einem Dorf in der Nähe und war so etwas wie unser Kontaktmann zur geheimnisvollen Cracker-Szene.
Er kannte niemand Geringeren als die Gruppe ‚Mr. L & Dr. Bakterius‘ – schon der Name klang nach schwarzem Bildschirm, Neon-Scrolltext und einem Modul voller Magie. Und plötzlich bekamen wir von Pit Stoff in Mengen, die alles übertrafen, was wir bis dahin kannten. Mehr Spiele, mehr Tools, mehr Demos – einfach alles! Für uns war das der große Aufstieg in der Raubkopierer-Hackordnung.
Und das Beste? Plötzlich konnten wir dem Thomas etwas mitbringen. Die Rollen hatten sich verschoben. Aus Empfängern wurden Lieferanten – und aus zwei Disketten-Nerds wurden (zumindest gefühlt) Big Player im Untergrund der 8-Bit-Welt.
Bild fehlt
So sah die Eingabe zum Laden mit Disketten aus!
Letztes Update: 27.06.2025